Montag, 2. Juli 2007

Schwarzer Daumen

Im Bereich der technologischen Infrastruktur ist Chile auf sehr hohem Niveau. Breitbandanschlüsse sind aus unserer Erfahrung schnell und unkompliziert zu bekommen (in 24 Stunden), Metrostationen, Autobahn Raststätten sowie viele Cafés stellen kostenlos WiFi zur Verfügung und selbst in der U-Bahn kann man ohne Probleme mobil telefonieren, wenn bloß der Krach nicht wäre.


Schon heute läuft vieles über das Internet: Steuererklärung inklusive Bezahlung online, Arzttermin reservieren online, Übermittlung und Zahlung von Beiträgen in die Kranken- und Sozialversicherungen online. Als wir unsere ID Cards im Meldeamt abholten, überraschte mich auch hier die Vernetzung. Nach Eingabe von Antjes persönlichen Daten, hatte der Mitarbeiter der Municipalidad sofort ihre Informationen samt Foto von vor 9 Jahren aus Puerto Varas auf dem Bildschirm. Dort war sie damals gemeldet. So etwas funktioniert in Deutschland schon dann nicht mehr, wenn jemand in ein anderes Bundesland zieht. Die Mitarbeiter sind mit Digitaler Kamera, Unterschriftenscanner sowie Fingerabdruckscanner ausgestattet. 2 Wochen später gibt es schon den Personalausweis im Scheckkartenformat.


 


Trotz all der Technik herrscht im Alltagsleben nach wie vor die Bürokratie. Rechnungen 4 Durchschläge, abgestempelt vom Finanzamt (wo bekommt man heute noch einen Nadeldruckerher? - Also von Hand schreiben). Obwohl Überweisungen ohne Probleme möglich sind, dominiert die antiquierte Bezahlmethode per Scheck. Vieles ist hier auf ein tief wurzelndes generelles Misstrauen begründet, wahrscheinlich aus schlechten Erfahrungen aus der Vergangenheit.


Nach wie vor boomt das Flagschiff der Bürokratieindustrie: die Notarios.


Viele Verträge des Alltagslebens bedürfen der notariellen Beglaubigung. Wir hatten bisher mehrmals das Vergnügen diese Institutionen zu besuchen Die Wartezeiten sind horrend, die Mädels in Uniform freundlich und den Notar, der in einem abgedunkelten Zimmer sitzt, bekommt man nie zu Gesicht. Am Schluss bekommt man für eine stattliche Gebühr seinen Stempel, ohne den gar nichts geht. Ich bin bisher noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Also hatte ich bis ich hierher kam, noch nirgends meine Fingerabdrücke hinterlassen müssen. Das hat sich in Chile schlagartig geändert. Das schwarze Stempelkissen lauert überall. Ich versuche zu rekapitulieren: Beim Abholen unseres Visums im Generalkonsulat München, Meldung bei der Ausländerbehörde in Independencia, Beantragung der CI (Perso) in Las Condes, Notarielle Beglaubigung diverser Dokumente um unseren Container einzuführen, Eröffnung des Privatkontos bei der Citibank, Unterzeichnung unseres Gesellschaftsvertrages bei der Firmengründung, Eröffnung des Firmenkontos bei der Citibank, Antje bei Abschluss ihrer Krankenversicherung, etc….es bleibt ein schwarzer Daumen :).

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